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Darmsanierung beim Pferd

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Viele Pferde leiden heutzutage unter Problemen des Verdauungsapparats. Ob es Magenprobleme oder Dinge wie Durchfall oder wiederkehrende Koliken sind. Auch Kotwasser ist eine Symptomatik, die häufig und bei verschiedenen Pferden auftritt, unabhängig von ihrer Haltung, der Fütterung und der Trainingsart.

Die Darmflora

Gründe v.a. für Kotwasser sind vielfältig, doch oft ist auch eine verschobene Darmflora des Pferdes ein Hauptgrund für eine derartige Symptomatik.

Die Darmflora des Pferdes besteht aus winzigen Symbionten, die v.a. im Dickdarm des Pferdes sitzen und dort die Verdauung der Rohfasern übernehmen. Damit wird Heu und Stroh, sowie Gras für Pferde auch verdaulich.

Diese Darmflora hat das Pferd nicht von Beginn an. Als Fohlen kommt es ohne eine Darmflora auf die Welt und frisst in den ersten Tagen und Wochen den Kot der Mutterstute, um sich dadurch eine Darmflora zuzulegen. Dies ist von der Natur ziemlich schlau gelöst, da das Fohlen damit sehr schnell eine funktionierende Verdauung startet. Allerdings gibt es einen Störfaktor: wenn die Darmflora der Mutterstute bereits krank ist, z.B. falsch zusammengesetzt ist, geht diese auf das Fohlen über.

Gründe für eine Verschiebung

Die Darmflora ist darauf ausgelegt, faserreiches Material zu verwerten, also vor allem Heu, Stroh und Gras. Kohlenhydratreiches Futter, das Kraftfutter des Pferdes, wie Hafer oder Müslis, werden im Dünndarm aufgeschlossen und verwertet.

Gründe für die Verschiebung der Darmflora oder eine sogenannte Dysbiose sind vielfältig.

Zu viel kohlenhydratreiches Kraftfutter, oder eine Getreideart, die nicht zu über 90% im Dünndarm aufgeschlossen wird, gelangt in den Dickdarm und überflutet dort die Darmflora mit Zucker, welche zum Absterben bestimmter Bakterien führen kann und zur Vermehrung von anderen, die als pathogene Keime angesehen werden und die Darmflora auf nicht zuträgliche Weise verändern.

Auch Stress, zu wenig Darmperistaltik oder verdorbenes Futter kann eine Ursache für eine Darmfloraverschiebung sein. Silage beispielsweise, genauso wie verschimmeltes Heu oder Müsli sorgen für eine Verschiebung. Gute, für Pferde geeignete Heulage, ist in der Regel etwas, das sehr gut vertragen wird. Ist die Heulage aber zu nass und zu sauer, ähnelt sie also mehr Silage, sollte vom Füttern abgesehen werden.

Schimmelpilze

Eine Sonderstellung nehmen (Schimmel-)Pilze ein. Pilze wachsen infiltrativ in die Darmwand, machen also dort auch Schleimhautzellen „kaputt.“ Zudem bilden sie oft Toxine, welche ins Blut gelangen und die Pferde von innen heraus stark belasten. So eine Schimmelpilzbelastung kann oft Jahre unentdeckt bleiben, weshalb aktuell schimmelfreies Einstreu und Fressen eine solche nicht ausschließen. Hier ist oft etwas Detektivarbeit gefragt, was den Vorbericht des Pferdes angeht, bezüglich der Haltung und Fütterung beim Vorbesitzer, in der Aufzucht oder im vorherigen Stall, etc. Auch hierbei ist die Rolle der Mutterstute nicht außer Acht zu lassen.

Symptome einer Dysbiose

Die Symptome sind vielfältig, da der Darm nicht nur eine Schlüsselrolle in der Verdauung einnimmt, sondern auch z.B. ein Hauptfaktor des Immunsystems ist, das zu etwa 80% im Darm ansässig ist. So können Allergien und Unverträglichkeiten und auch Erkrankungen wie Equines Asthma oder Probleme mit dem Zucker- und Fettstoffwechsel, also EMS, ihre Grundursache mit in einer verschobenen Darmflora haben. Auch Nervosität, Schreckhaftigkeit oder die berühmten Unsitten und Wehrhaftigkeiten beim Reiten können eine Ursache im Magen-Darm-Trakt haben. Ein unwilliges Pferd macht keine „Probleme“, weil es seinen Menschen ärgern möchte. Es bockt nicht aus Bosheit oder verweigert den Sprung nicht, weil es keinen Bock hat. Es liegen in den allermeisten Fällen organische Ursachen zu Grunde – oder psychische Traumata, die das Pferd aufgrund ungerechter Behandlung durch den Menschen davongetragen hat.

Die organischen Ursachen sind in der Regel effektiv zu diagnostizieren.

Mögliche Symptome können sein:

  • Allergien und Unverträglichkeiten
  • Infektanfälligkeit, schwaches Immunsystem
  • Kotwasser
  • Weicher und/oder stinkender Kot
  • Unphysiologisch hohe Menge an Kot
  • Flatulenzen (Aufgasungen und vermehrtes Pupsen)
  • Wiederkehrende, leichtere Koliken, eher „Bauchzwicken“
  • Falsche Verwertung der Nahrungsbestandteile (Maldigestion), kann zu Abmagerung führen oder zur Verfettung
  • Nervosität, Schreckhaftigkeit, „Widersetzlichkeit“ beim Reiten
  • Magengeschwüre / Entzündungen

Darm-Hirn-Achse

Man weiß von neueren Untersuchungen beim Menschen, dass das Gehirn und der Darm besonders viele Nervenimpulse austauschen. Dabei gibt das Hirn Anweisung an den Darm und der Darm meldet Befindlichkeiten und Vorkommnisse ans Gehirn. Erstaunlicherweise fand man dabei heraus, dass der Darm deutlich mehr Impulse ans Hirn schickt, als umgekehrt. Das berühmte Bauchgefühl bekommt damit einen Namen. So ist es nicht verwunderlich, dass bei Problemen im Magen und Darmtrakt, wie eben eine Dysbiose auch eines ist, auch Veränderungen im Verhalten der Pferde (oder Menschen) sichtbar werden!

Magengeschwüre und Dysbiosen

Oft wird bei Problemen wie Schreckhaftigkeit, Gurtzwang, (chronischer) Abmagerung oder Widersetzlichkeit beim Reiten sofort an den Magen gedacht und das ist meist auch richtig. Neuere Untersuchungen beschäftigen sich mit dem Zusammenhang einer Magenproblematik, wie Magengeschwüren oder Magenschleimhautentzündungen, und einer verschobenen Darmflora. Nach aktuellem Wissensstand ist es möglich, dass durch eine verschobene Darmflora eine Problematik im Magenbereich entsteht, und zugleich kann eine bestehende Magenerkrankung eine Verschiebung der Darmflora begünstigen und entstehen lassen.

Deshalb ist es immer ratsam, den Magen bei einer Therapie mit einzubeziehen oder anders herum bei bestehenden Magenerkrankungen eben den gesamten Darmtrakt zu betrachten.

Geduld bei der Therapie

Da so viele Pferde an Magen- und Darmproblemen leiden, ist in der Futtermittelbranche kaum eine Problematik des Pferdes mit so vielen unterschiedlichen Produkten bedacht. Für die Verdauung gibt es Dutzende, wenn nicht hunderte verschiedene Präparate und Zusätze, die allesamt Heilung versprechen. Oft wird es unter der Gabe eines dieser Produkte auch besser, doch spätestens kurze Zeit nach dem Absetzen kommen die Probleme in gleicher Weise zurück.

Dies hat einen einfachen Grund.

Die Darmflora reagiert langsam und träge auf Veränderung – z.B. auch ein Grund, warum langsames Anweiden sinnvoll ist oder Futterumstellungen langsam erfolgen sollten. Unter der Therapie beginnt die Darmflora also sich zu verändern. Dann wird das Futter abgesetzt und die noch längst nicht stabil regenerierte Darmflora kippt langsam wieder um und nach wenigen Tagen oder Wochen steht sie wieder am krankhaften Ausgangspunkt.

Deshalb sollte eine Darmsanierung mindestens über 6 Monate, in vielen Fällen länger, sogar bis zu über einem Jahr erfolgen. Die Fütterung muss regelmäßig erfolgen, wobei hier nicht unbedingt die einjährige tägliche Gabe nötig ist. Kurze Pausen können in der Regel gut toleriert werden, wenn dann wieder weitertherapiert wird.

Das Durchhaltevermögen wird sich lohnen, denn ist die Darmflora des Pferdes erst einmal stabil, so lösen sich viele der kleineren oder größeren Probleme in Wohlgefallen auf. Die Gesundheit des Pferdes verbessert sich, es wird leistungsbereiter und glücklicher. Probleme und Symptome, die dann noch „übrig“ sind, können dann effektiver und zielsicherer gesondert angegangen werden.

Diagnostik der Dysbiose

Der Verdacht einer Dysbiose kann vom Fachmann anhand verschiedener Symptome gestellt werden. Der diagnostische Nachweis ist dann über eine Kotprobe möglich. Die Kotprobe muss frisch entnommen werden – entweder direkt rektal durch den Tierarzt, oder von einem just in dem Moment abgesetzten Äppelhaufen. Sie wird luftdicht in einem Handschuh verpackt und dann ins Labor versendet. Dort wird der Kot auf die Zusammensetzung der physiologischen Darmflora hin untersucht, sowie auf das Vorhandensein von pathogenen Keimen, Pilzen und Hefen.

Mit diesem Befund kann dann individuell ein Therapieplan erstellt werden. Des Weiteren hat es den Vorteil, dass der Therapieerfolg durch eine weitere Kotprobe mit Sicherheit nachweisbar ist und so genau festgestellt werden kann, ob die Therapie abgeschlossen ist oder noch weiter fortgeführt werden sollte.

Ich arbeite hier in der Regel mit dem Labor Probios. Die Analyse ist umfassend und gründlich und es besteht die Möglichkeit, sich Symbiontenkulturen für das Pferd individuell zusammenmischen zu lassen.

Therapie der Dysbiose

In den meisten Fällen besteht die Dysbiose aus dem Fehlen physiologischer Keime und dem Vorhandensein pathogener Keime und/oder Schimmelpilze. Die Therapie der Dysbiose ist also zweistufig zu sehen und muss die Entgiftung und den Aufbau der physiologischen Darmflora umfassen.

Meiner Erfahrung nach hat es sich bewährt, die Therapie in drei Schritten durchzuführen und diese immer wieder zu wiederholen, solange es nötig ist.

Die Schritte setzen sich zusammen aus:

  • 2-3 Wochen reiner Entgiftung des Darms
  • 2-3 Wochen die Entgiftung weiterführen und zusätzlich den Darmaufbau geben
  • 2-3 Wochen rein den Darmaufbau füttern.

Dann startet das Schema wieder von vorn.

Welche Produkte machen Sinn?

Es gibt nicht „das ultimative Produkt“ für die Entgiftung oder den Darmaufbau. Jede Firma setzt den Schwerpunkt etwas anders, jedes Produkt hat eine andere Zusammensetzung, die einen anderen Aspekt mehr in den Vordergrund stellt. So gibt es z.B. Produkte, die v.a. die Entgiftung des Schimmelpilzes anstreben und andere, die den Darmaufbau vermehrt im Fokus haben. Deshalb hat es sich meiner Erfahrung nach bewährt, die Produkte immer etwas durch zu tauschen. Das mache ich nicht etwa, weil ich keine Ahnung habe, welches Produkt letztendlich wirkt, sondern um die verschiedenen Schwerpunkte der Produkte auszunutzen. Alternativ müssten alle Produkte miteinander kombiniert werden und wir würden die Pferde regelrecht zuschütten – was definitiv mehr negative Effekte als positive Folgen hätte und deshalb absolut unerwünscht ist.

So starte ich gern die erste Phase der Entgiftung mit Produkt A, nehme dann die Darmsanierung mit Produkt B dazu und führe in der dritten Phase die Fütterung nur mit Produkt B weiter. Startet das Schema dann von vorn, wählen wir ein neues Produkt für die Entgiftung, um den Darm intensiv und „an allen Ecken und Enden“ zu erreichen.

Die Entgiftungsphase

Es ist nicht wichtig, die Produkte nach einem festen Schema zu verwenden, also z.B. immer mit demselben zu beginnen und immer dasselbe als Nachfolger zu wählen. Wichtig ist, dass regelmäßig durchgewechselt wird und die Produkte, die miteinander kombinierbar sind, sinnvoll zusammengesetzt werden.

Den individuellen Plan stellen wir gemeinsam auf und überprüfen ihn in regelmäßigen Abständen, sodass wir schnell individuell die Produkte anpassen können.

Die Aufbauphase

Wichtig beim Darmaufbau ist es, dass die gefütterten Darmsymbionten in den von uns gewählten Produkten sich im Darm nur dann ansiedeln können, wenn das Milieu stimmt. Deshalb starte ich mit der Phase der Entgiftung, um den Darm erst einmal zu reinigen. Dann folgen im Wechsel, wie oben beschrieben, die Phasen des Aufbaus und der Entgiftung.

Gern kombiniere ich ein Produkt, das die positiven Symbionten liefert mit einem Produkt, das ihnen genügend „Futter“ zur Verfügung stellt. Auch hier werden wir individuell für dein Pferd die passenden Produkte wählen und bei Bedarf immer neu anpassen.

Regelmäßige Kontrolle und Anpassen der Präparate

Die kurzen Intervalle der Entgiftung und des Aufbaus dienen vor allem auch der regelmäßigen Anpassung der Präparate. Denn auch wenn vor allem Geduld und Durchhaltevermögen wichtig sind bei der Darmsanierung, sollten erste Verbesserungen schon vergleichsweise schnell nach Fütterungsbeginn sichtbar sein. Kotwasser sollte z.B. weniger werden, da erst mal kosmetisch ein „Stopp“ eingelegt wird und das Symptom bekämpft wird.

Sollte etwas nicht so funktionieren wie geplant, bitte immer nochmal die Konsultation suchen und mit dem Tierarzt nochmal durchsprechen.

Ansonsten spätestens nach einem Durchlauf des oben genannten Schemas Rücksprache mit dem behandelnden Tierarzt halten und die Wahl der nächsten Präparate durchgehen.

Haltung, Fütterung und Bewegungsmanagement

Natürlich sind auch Haltung, Fütterung und Training anzupassen. Schimmeleintrag kann sowohl aus dem Heu, aus dem Einstreu, aus den Wänden von alten Ställen, etc. kommen. Dies ist unbedingt anzupassen und an eine Stressreduktion der Haltung ist im Zweifel ebenfalls zu denken. Gleichzeitig lohnt sich ein Blick auf das Bewegungsmanagement des Pferdes. Bei zu wenig artgerechter Bewegung wird der Darm träge. Es hilft, im Zweifel zu wenig Bewegung etwas aufzustocken, oder ein zu Viel an Bewegung etwas zu reduzieren.

Hier kann nichts über einen Kamm geschoren werden, sondern es muss die Lösung her, die für dein Pferd individuell passt. Hier gilt es also: hingucken, zuhören, beobachten. Dein Pferd spricht. Du musst es nur sehen.

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